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Wer ist Schuld? - Die Sicht der internationalen Medien auf die Schuldfrage der Griechenland-Krise.

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https://www.flickr.com/photos/alfmelin/
  • Die Schuldengespräche zwischen der EU und Griechenland sind gescheitert
  • Griechenland hat angekündigt, die anstehenden Zahlungen an den IWF nicht zu tätigen
  • Am Sonntag soll das griechische Volk in einem Referendum über die Einwilligung zu den von der EU verordneten Sparmaßnahmen bestimmen

 

„Die griechische Wirtschaft ist größtenteils in Folge der von der EU auferlegten Sparmaßnahmen eingebrochen“, meint Paul Krugman von der „New York Times“. Diese hätten die Einnahmen des Landes gedrückt. Gleichzeitig habe der Euro die griechische Wirtschaft in einer „Zwangsjacke“ gefangen gehalten. Unter dem Druck der gemeinsamen europäischen Währung sei die griechische Exportwirtschaft nicht konkurrenzfähig gewesen. Seit einiger Zeit sei es offensichtlich, dass die Einführung des Euro ein furchtbarer Fehler gewesen sei.

Die EU betreibe „Finanzterrorismus“ gegen Griechenland, schreibt Vicenç Navarro in seinem Gastkommentar beim spanischen „Público“. Gegen das griechische Volk werde ein „Frontalangriff“ verübt, bei dem Deutschland die Vorherrschaft innehabe und die Europäische Zentralbank als Zugpferd diene. Besonders in Griechenland, aber eigentlich in allen Mitgliedsstaaten der Eurozone würde der Sparkurs der EU „das Wohlbefinden der Arbeiterklasse“ zerstören. Das Bruttoinlandsprodukt Griechenlands sei aufgrund der Sparmaßnahmen um 25% eingebrochen.
„Die griechische Gesellschaft hat riesige Opfer gebracht“, findet Manuel Sanchis I Marco in einem Gastbeitrag auf „El País“. Und das, obwohl die Euro-Krise eigentlich von den griechischen und europäischen Eliten auf gerechte Weise hätte gelöst werden können. Alle Staaten der Eurozone, einschließlich Griechenland, würden die Verantwortung für die aktuelle Situation tragen, weil sie „ihre Verpflichtung, die Funktionsfähigkeit der nationalen Wirtschaft zu verbessern“, nicht erfüllt hätten. “Der Grexit wäre ein Luxus, den wir Europäer uns nicht erlauben können” – weil er schreckliche Konsequenzen für Griechenland nach sich ziehen würde.

 

„Aufgrund der Austeritäts-Pläne der Kreditgeber, kann ein Viertel der der griechischen Arbeitnehmer keine Jobs finden und die Wirtschaft ist seit 2010 um 14 % gesunken“, erklärt Catherine Rampell für die „Washington Post“. Griechenland habe seit seinem Euro-Eintritt davon profitiert, dass es sich weit mehr Geld habe leihen können, als es das jemals hätte tun dürfen. Die Mitglieder der Euro-Zone hätten einfach weiterhin darauf beharrt, die Inflationsrate möglichst niedrig zu halten, obwohl es das Gegenteil davon gewesen sei, was Griechenland gebraucht habe.

 

„Zwischen der harten Wahl eines langsamen Todes oder den Schritt in den Abgrund würde ich den Zweiten wählen,“ meint Aditya Chakrabortty von „The Guardian“. Der Kampf der Griechen sei als ein Kampf der „Menschen gegen den impossibilistischen Kapitalismus“ zu verstehen. Die Austeritäts-Politik der EU habe Griechenland in eine Depression gestürzt. Seit 2010 habe die Troika die Fantasie verbreitet, dass Schuldenschnitte, Eindämmung der Arbeiterrechte und der Schutz der öffentlichen Einnahmen Griechenland retten könne. Sies entpuppe sich nun als Lüge, denn der Staat sei zerstörter als jemals zuvor.

 

„Berlin war stark darin, die Fehler der anderen zu unterstreichen, aber schwach darin, die eigenen Fehler einzugestehen”, kommentiert Derek Scally für die „Irish Times“. Griechenland zum Euro zuzulassen würde die Regierung unter Merkel als einen fatalen Verdienst der Vorgänger-Regierung ansehen, deren Konsequenzen wenig mit ihnen zu tun hätte. Deshalb habe Merkel in den frühen Tagen der Euro-Krise keinen Grund gesehen, sich den Finanzproblemen anderer Länder anzunehmen. Scheitere Griechenland nun, scheitere deshalb auch sie.

 

„Seit seinem Amtsantritt hat Tspiras nur eine einzige Strategie verfolgt“, schreibt Paolo Baroni für die italienische „La Stampa“: Widerspenstig Sein, Zanken und die Opferrolle Einnehmen. Er habe dagegen nichts getan, um das Land aus dem Sumpf zu holen, in dem es seit Jahren gesteckt habe. Auch wenn IWF, EZB und EU nicht frei von Schuld seien: Tsipras einen Schwätzer zu nennen, wie das mal jemand gesagt habe, sei nicht an diesem Punkt nicht falsch.


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