Quantcast
Channel: pressekompass » EU
Viewing all articles
Browse latest Browse all 42

EVG 2.0? - Europa diskutiert die Idee einer europäischen Armee

$
0
0
  • In der Welt am Sonntag sprach sich EU-Kommisionspräsident Jean-Claude Juncker für die Gründung einer europäischen Armee aus. Diese solle jedoch keine Konkurrenz zur Nato darstellen.

  • Aus Kreisen von CDU und SPD bekam Juncker Zustimmung für seinen Vorstoß.

  • Die Gründung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft scheiterte bereits 1954 an der französischen Nationalversammlung.

“Juncker-Idee einer EU-Armee schwächt die Nato”, titelt Michael Stürmer für die “Welt”. Russlands Drang nach Westen sei der neue Ernstfall und brauche eine entsprechende Antwort. Doch dazu sei die NATO ja schließlich da. Um der drohenden Überdehnung entgegenzutreten, müsse Europa Leistung zeigen – nicht gestikulieren. Deshalb sei es jetzt wichtig, dass die EU-Mitgliedsstaaten endlich ihre Zusagen einhalten. Insbesondere, da die USA ihren Schwerpunkt jetzt ohnehin im pazifischen Raum sehen würden.

Wer heute einer europäischen Armee das Wort rede, müsse dies schon gut begründen, meint Thomas Kröter im “Kölner Stadt-Anzeiger”. Juncker finde, dass der verlorene Einfluss Europas durch eine gemeinsame Armee kompensiert werden könne. Die Geschichte des Euro zeige jedoch, dass allzu ehrgeizige Ziele nicht nur Anreiz zu großen Leistung sein könne, sondern die Beteiligten auch überfordern könne. Der Zustrom junger Demokratien aus der ehemaligen Sowjetunion in die NATO zeige ja bereits, wie wirkungsvoll deren Schutz erachtet wird. Fazit: “Europa-Armee – nein, danke!”

Der Vorschlag einer gemeinsamen europäischen Idee sei sinnvoll, findet Peter Riesbeck in der “Frankfurter Rundschau”. Die Idee sei ja nicht neu, Juncker belebe die Idee von Europa als Friedensprojekt nur wieder. Dies sei verständlich mit Blick auf die Ukraine-Krise und die Ängste der östlichen EU-Staaten. Allerdings sei der Plan kaum umsetzbar. Es sei schwer vorzustellen, dass deutsche Abgeordnete einem Transfer der Mitbestimmung bei Militäreinsätzen auf das EU-Parlament zustimmen würden. „Junckers Vorstoß ist sinnvoll. Aber Europa blockiert sich selbst.“

“Ja, wir brauchen sie, die europäische Armee”, betont Karin Bensch vom WDR. Mit seinem Vorstoß sende Juncker ein klares Signal an die russische Regierung. Er komme damit nicht nur den östlichen EU-Ländern entgegen, sondern auch den Staaten, die bei der Verteidigung sparen müssten. Auf der internationalen Bühne habe die EU kein großes Gewicht – das könne sich ändern. Junckers Vorschlag sei damit inhaltlich gut und zeitlich gut platziert. Die große Frage sei, wie man eine solche EU-Armee in die Nato einfügen würde.

“Eine europäische Armee könnte auch eine neue Einigungsdynamik entwickeln”, schreibt Josef Kirchengast auf “derStandard.at”. Voraussetzung dafür wäre allerdings ein umfassender Sicherheitsbegriff, der weit über das Militärische hinausreiche und die Zivilgesellschaft stark miteinbeziehe. Dann könne eine gesamteuropäische Armee ein Signal dafür sein, dass auch die “sanfte Macht” der EU zur Krisenintervention entschlossen ist, wenn es um ihre Substanz und die Verteidigung zentraler Werte gehe.

“Das ist militärische Blockbildung statt Entspannungspolitik”, kommentiert Wolfgang Lieb vom Blog “Nachdenkseiten” den Vorschlag Junckers. Statt auf gesamteuropäische Friedensordnung unter Einschluss Russlands als Zielvorstellung hinzuarbeiten, würden die Befürworter dieses Vorschlages offenbar wieder Armeen innerhalb Europas gegeneinander aufmarschieren lassen. Es sei verständlich, dass Junckers Vorschlag vor allem von deutscher Seite lautstark unterstützt werde, denn die militärischen Hardliner würden liebend gerne die Budgetrechte des Bundestags durch eine EU-Armee umgehen.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 42