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Schweizer Schranken - Weniger Geld für Spitzenverdiener: Zwei Drittel der Schweizer stimmen dafür

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So kann's gehen!

In der Schweiz hat ein Zahnpasta-Hersteller die weltweit schärfsten Regeln zur Beschneidung von Managergehältern in die Wege geleitet. Thomas Minder initiierte eine Volksabstimmung gegen Millionenlöhne, hohe Dividenden, Abfindungs- und Begrüßungsgelder und erreichte damit über 60 Prozent Zustimmung der Schweizer Bevölkerung. Innerhalb des nächsten Jahres sollen den Forderungen Gesetze folgen.

DER MEINUNGSKOMPASS

SPITZENGEHÄLTER

Schweiz

© Pressekompass 2013

DER SCHLAGABTAUSCH

spiegelInitiator Thomas Minder hat den Nerv der Bevölkerung getroffen, applaudiert Spiegel Online.  Dass die Initiative in der stabilen, wirtschaftsliberalen Schweiz auf so viel Zustimmung stößt, kann nur heißen, dass  „der Volkszorn gegen Spitzeneinkommen“ in den anderen, größtenteils weniger wohlhabenden Ländern Europas mindestens genau so heftig sein muss. Minder hat einen Stein ins Rollen gebracht. Bald wird sich auch in anderen europäischen Ländern die Öffentlichkeit gegen die „Gehaltsexzesse“ der Spitzenmanager wehren.

NZZMöglich, dass die Gehälter hier und da ein bisschen über das gebotene Maß hinausgeschossen sind, wiegelt die NZZ ab. Aber wenn populistische Kräfte von links und rechts Aufsichtsräte kriminalisieren, ist das destruktiv und falsch. Die Bevölkerung sitzt hier der gefährlichen Illusion auf, „das wirtschaftlich Erreichte sei selbstverständlich und etwas davon könne getrost Beschaulichkeit und Sozialromantik geopfert werden.“ Die Aussicht, mit Geschick und Fleiß wirklich reich werden zu können ist ein Motivator für Nachwuchstalente und darf nicht in Regulierungen eingestampft werden. Es hilft keiner Gesellschaft, wenn Gesetze ihr vorschreiben, wie schnell jemand wie reich werden darf. Dennoch sollen sich die Wirtschaftsverbände beeilen, Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung zurückzugewinnen.

WAZMit dem aufgebrachten Volk zu kuscheln wird den Wirtschaftsoberen nicht helfen, glaubt dagegen Der Westen. Die radikalen Forderungen haben nichts mit Populismus, sondern allein mit Vernunft zu tun. Wenn es die Wirtschaft selber nicht schafft, gegen ihre „Gehaltswucherungen“  anzugehen, muss der Staat eingreifen.

 

standardDer österreichische Standard stimmt zu: Das Ja zur Abzockerinitiative kam den Schweizern „angesichts der Arroganz, der Gier, der Unverschämtheit der Bosse“ leicht über die Lippen. Die Initiative hat das Potential, die Marktwirtschaft langfristig wieder zu stabilisieren. Also: bitte nachmachen!

Die Initiative hat lädt tatsächlich zum Nachmachen ein, meint der Schweizer Wirtschaftsblog. Und genau da ist Achtung geboten: Eilige Gesetzesbeschlüsse können „den Gestaltungsfreiraum der Firmen massiv einengen, die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes schwächen und den Trend zur Umverteilung verstärken.“ Wenn die konkrete Gefahr der wirtschaftlichen Schwächung eingegrenzt werden soll, müssen die Chefs schleunigst „die Sozialpartnerschaft stärken“.

directoroffinance„Business Bashing“ ist beim Mob also immer noch schwer im Trend, bilanziert der Director of Finance Online. Mal sehen, wie die schweizer Unternehmer die Regulierungen umgehen werden. Die unmissverständliche zwei-Drittel Mehrheit der Volksabstimmung ist jedenfalls nicht zuletzt auf die Empörung über eine Nachricht von letzter Woche zurückzuführen: 76 Millionen Dollar will das Pharmaunternehmen Novartis ihrem Vorstandsvorsitz Daniel Vasella zahlen, um ihn für die nächsten Jahre bei der Stange zu halten. Die global agierenden schweizer Großunternehmen werden die Folgen der Abstimmung jedenfalls schwer zu spüren kriegen. Und Asien und die USA können sich auf Flüchtlingsströme verschreckter Zürcher Banker vorbereiten.

sueddeutscheIn der Schweiz gibt es nun „potenziell eines der schärfsten Aktionärsrechte der Welt.“,  schließt die Süddeutsche Zeitung.  Wir, die europäischen Nachbarn, schielen mit Neid und Staunen rüber zu dem „merkwürdigen Bergvolk“, das der Iniator Minder mit seinem „fast heiligen ideologischen Eifer“ in Rage versetzt hat. Der Wutbürger hat also wieder einmal gesprochen. Und sehr wahrscheinlich werden sich Minders Jünger nicht mit weichgespülten Kompromissen „um die Früchte ihres Sieges betrügen“ lassen, wenn es um die gesetzliche Umsetzung der Forderungen geht. „Denn Wut lässt sich nicht nur schüren, sondern auch konservieren.“

 

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