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Krim-inell? - Russland und die Ukraine

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  • Auf der ukrainischen Halbinsel Krim spitzt sich der russisch-ukrainische Konflikt zu.
  • Die Russen haben in Sevastopol ohnehin ihre Schwarzmeerflotte stationiert. Nun operieren jedoch russische Soldaten zusätzlich auf der Krim.
  • Putin hat sich vom russischen Parlament im Nachhinein zusichern lassen, in der Ukraine militärisch eingreifen zu dürfen. Die ukrainische Übergangsregierung sieht dies als Kriegserklärung.
  • Gegenüber Kanzlerin Merkel soll Putin nun jedoch zugesichert haben, eine politische Lösung anzustreben.

“Hilferufe an die Nato werden folgenlos verhallen”, ist sich Berthold Kohler auf FAZ.net sicher. Denn der Westen habe einfach noch keine wirksame Gegenstrategie zu Putins Verhalten gefunden. Dessen Politik sei aggressiv, was nicht nur Stärke, sondern auch Schwäche zeige. Aus Angst vor Instabilität bekämpfe Putin schon an den Rändern Russlands alles, was sich gegen Russland richten könne. Das Gegenteil von dem, was er erreichen wolle, könne der Fall sein.

“Bei einer friedlichen Lösung, die eine russische Niederlage darstellt, wäre Putin als Verräter gebrandmarkt”, meint Thomas Gerlach auf taz.de. Viele Spielräume gebe es deshalb gar nicht mehr. Ein Krieg könne außerdem trotzdem ausbrechen, selbst wenn die großen Mächte ihn nicht wollten. Denn der Volkszorn und die Strategien kleinerer Mitspieler trieben die Ereignisse weiter voran.

Mit “Die Krim, das Pulverfass” titelt Charles King in der New York Times und verweist auf die militärische und geopolitische Stärke Russlands. Aber sogar mitten in dieser Patt-Situation würden Russland und der Westen ein klares gemeinsames Interesse haben, nämlich einem Bürgerkrieg mitten in Europa vorzubeugen. Es gehe in der Ukraine jetzt um die Vision von einer Welt, in der nicht nur Leute, weil sie eine bestimmte Sprache sprechen (wie in diesem Fall Russisch) als schützenswert gelten.

Ein schwierige Aufgabe für die ukrainische Regierung, meint Ingo Mannteufel für die Deutsche Welle. “Ein militärisches Vorgehen der ukrainischen Armee auf der Krim könnte zu einer ungeahnten Katastrophe führen.” Dann wäre ein offener Krieg zwischen Russland und der Ukraine nicht mehr ausgeschlossen. Dem Westen bleibe nur, mit Sanktionen zu reagieren. Oder mit geballter Faust in der Tasche zuzusehen, wie Putin sich das hole, was er nie bekommen sollte: Ein Mitspracherecht über die Zukunft der Ukraine.

Dank des Drucks, den Russland ausübt, stünde die Übergangsregierung in Kiew schon jetzt mit dem Rücken zur Wand, analysiert Benjamin Bidder auf Spiegel Online. Der Staat sei geplündert, das Land am Rande der Pleite. “Turtschinow und Jazenjuk müssen den Bankrott jetzt verhindern, zugleich aber auch Maßnahmen für einen Abwehrkrieg treffen.”

Die Folgen eines militärischen Schlagabtauschs würden unabsehbar sein, schreibt Volker Pabst für die Neue Zürcher Zeitung. “Auch gegen eine entzweite und geschwächte Ukraine kann Russland keinen kurzen siegreichen Krieg führen wie 2008 gegen Georgien.” Sowohl humanitär als auch sicherheitspolitisch würden sie Konsequenzen verheerend sein. Man müsse nur an das Nato-Mitgliedsland Litauen denken, dass sich bereits heute bedroht fühle. Putins Säbelrasseln werde nur Verlierer hervorbringen.

Ist der Westen machtlos?

Putin wisse, dass niemand in der Ukraine und geschweige denn im Westen diese Intervention mit Militärgewalt zurückdrängen könne, schreibt Stefan Kornelius auf Süddeutsche.de. Der russische Präsident nehme sich, was kriegen könne und schaffe mit seinem Militär Fakten, bevor irgendjemand sonst reagieren könne. “Diese dramatische Eskalation ist noch lange nicht am Ende.”

“Der Westen steht vor vollendeten Tatsachen und muss realisieren: Russland ist kein Partner”, kommentiert Maxim Kireev für ZEIT Online. Denn Putin habe längst den Glauben an eine echte Partnerschaft mit den USA oder der EU verloren, wenn er diesen überhaupt mal gehabt habe. Ob es wirklich zu Krieg zwischen den beiden Ländern komme, sei unklar. Sicher sei jedoch, dass die Weltgemeinschaft vor vollendeten Tatsachen stehe, unfähig, effektiv auf einen russischen Einmarsch zu reagieren.

Russland sei zu stark, um es unter Druck zu setzen, schreibt Peter Barker für die New York Times. Das gelte sowohl für sein Militär, als auch für seinen Ressourcen-Reichtum, von dem viele europäische Verbündete der USA abhängig seien. Zudem müsse die UN-Veto-Macht nicht wirklich vor dieser Institution fürchten. Der Westen müsse deshalb eine vielleicht wirkungsvollere Methode einsetzen: “The administration could impose the same sort of banking sanctions that have choked Iran’s economy.”

“So what can Obama do?”, fragt Simon Tisdall für den britischen Guardian. Denn Obama brauche die Russen bei Schlüsselthemen seiner Außenpolitik. Zum einen wäre da der Iran und dessen nukleare Pläne. Zum anderen wäre da der syrische Bürgerkrieg. Außerdem könne Obama nicht auf die öffentliche Unterstützung für Kriegspläne zählen. Dass Frankreich, Großbritannien und die USA militärisch eingreifen würden, hält er zudem für eine wenig ernstgemeinte Idee.

“Brüssel erhält von Moskau eine Lektion in Realpolitik”, schreibt Michael Vosatka für den österreichischen derStandard.at. Selbst wenn Timoschenko nun nach Moskau reisen wolle, habe sie dort nichts anzubieten, was sich Putin einfach nehmen könne. Russland werde sich seinen Einfluss in der Ukraine sichern und dies sei nicht zuletzt eine Folge der irrlichternden EU-Politik der letzten Monate.

Bild: Twitter/@RuNetMemes


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